Die Männerarbeit der EKD verurteilt den Angriffskrieg auf die Ukraine, und beklagt die Opfer der Gewalt sowie ihrer Zerstörung weltweiter Lebensgrundlagen. Sie ist solidarisch mit allen, die unter der Aggression des Krieges leiden. Zugleich beobachtet sie mit Besorgnis, dass sich die deutsche Debatte über den Krieg offensichtlich tradierter Stereotype über Männer und Männlichkeiten bedient, deren Überzeugungskraft überwunden schien.
In politischen Diskussionen und medialen Kontexten werden Tugenden und Eigenschaften von Männern beschworen, die gegen den Angriff auf die staatliche Souveränität der Ukraine und die persönliche Freiheit ihrer Menschen in Stellung gebracht werden. Die Behauptung wird laut, in der deutschen Gesellschaft seien Konfliktbereitschaft und Kampfeswillen zu schwach ausgeprägt. Krieg wird dabei wie selbstverständlich als das Handlungsfeld von Männern gezeichnet. Während von Männern der Griff zur Waffe erwartet wird, gilt spiegelbildlich der besondere Schutz den Frauen und Kindern, die fliehen.
Die Männerarbeit der EKD sieht mit Unbehagen, wie ausgerechnet jenes Stereotyp des gewaltaffinen Mannes bzw. einer maßgeblich von Gewaltbereitschaft definierten Männlichkeit positiv umgedeutet wird. Im Gewand von Heldentum und Opferwillen wird es zu neuer Gültigkeit gebracht. Wir warnen eindringlich davor, die Verschränkung von Männlichkeit und Gewalt neu in Kraft zu setzen – auch in einer auf den ersten Blick positiven Gestalt.
Die Männerarbeit der EKD hält diesen öffentlichen Bildern die Überzeugung entgegen: Männer sind nicht kriegerisch, Krieg ist nicht männlich. Um des nachhaltigen Friedens willen ist es notwendig, diese Verschränkung aufzulösen.
Insbesondere mahnen wir an, das Leiden und die Opferschaft von Männern nicht auszublenden. Niemand darf durch staatliche Gewalt oder moralischen Druck zu Gewalthandlungen gezwungen werden. Niemandem ist das Recht darauf zu verwehren, die eigene Person vor der Drohung von Gewalt in Schutz zu bringen. Das muss unter allen Umständen auch für Männer gelten.
Nichts rechtfertigt kriegerische Gewalt. Von protestantischer Ethik her ist festzustellen: Es ist immer eine Folge schwerer Tragik und humanen Scheiterns, wenn kein anderes Mittel als Gewalt zur Konfliktlösung bereitzustehen scheint. Denn Kriege begründen eine endlose Spirale der Rüstung und wechselseitigen Bedrohung. Sie werden immer in staatspolitischem Kalkül organisiert, sie dienen nie der persönlichen Integrität – nicht von Männern und auch nicht anderer Geschlechter.
In Konfliktverhandlungen und in außenpolitischen Bemühungen müssen die Interessen der Gefährdetsten gestärkt werden. Deshalb ist es richtig, dass nicht nur Männer an den Verhandlungstischen sitzen. Fatal wäre aber ein Männerbild, das Männern abspricht, keine Ziele verfolgen zu können, die auf Frieden und Kommunikation hin ausgerichtet sind.
Hofgeismar, 04. Mai 2022
Die Mitgliederversammlung